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#KAUFNIX

Kaufen: Wenn schon, dann richtig!

Foto: stevepb/Pixabay

Während des bisherigen Verlaufs der #kaufnix-Kampagne haben wir Ihnen verschiedene Alternativen zum Kaufen vorgestellt. Wenn man manchmal allerdings doch etwas neu kaufen muss, lässt sich dies trotzdem nachhaltig gestalten! Darüber möchten wir Sie in dieser Woche unserer Kampagne informieren, denn die letzte und kleinste Einheit der Anti-Verbraucher-Pyramide ist die Rubrik ,,Kaufen’’.

Konsum bestimmt unseren Alltag: 5,2 Milliarden Kleidungsstücke besitzen die Deutschen, 18 Millionen Tonnen unserer Lebensmittel werfen wir jährlich weg und ganze 97 Prozent von uns haben ein Handy. Innerhalb der Kundschaft macht sich oft ein Gefühl der Machtlosigkeit breit, wenn es an die Beurteilung der Nachhaltigkeit von diesen Produkten und deren Erwerb geht. Gründe hierfür sind unter anderem die mangelnde Transparenz der Hersteller*innen und fehlende Kennzeichnungen. Um trotzdem nicht den Überblick zu verlieren, werden wir im Folgenden einige Tricks verraten, um beim Kauf von Lebensmitteln, Kleidung und Technik eine nachhaltige Entscheidung treffen zu können.

Etliche Label und Zertifikate sollen Entscheidungshilfen beim nachhaltigen Einkaufen geben. Oft wissen Kaufende allerdings gar nicht, was sich hinter einzelnen Labels verbirgt. Quelle: Zukunftsinstitut.

Lebensmittel

50 Prozent der in Europa hergestellten und importierten Lebensmittel werden noch vor ihrem Verzehr entsorgt. Der Großteil dieser enormen Verschwendung geschieht hierbei in unseren eigenen vier Wänden.

Um dem Wegwerfen unverbrauchter Lebensmittel entgegenzuwirken, ist es von Vorteil, sich vor jedem Einkauf einen Einkaufsliste anzulegen. Wenn man schon zu Beginn der Woche plant, was auf dem Speiseplan steht, kauft man keine unnötige Ware, die letztendlich nur im Abfall landet. Durch einen bewussten Besuch im Lebensmittelladen spart man zusätzlich Zeit, die man sonst mit überflüssigem Grübeln verbracht hätte.

Raphael Fellmer ist sogar noch einen Schritt weitergegangen. Er rettet bereits weggeworfene Lebensmittel und „belebt sie wieder“. In seinen „Rettermärkten“ werden Lebensmittel mit offiziell überschrittenem Mindesthaltbarkeitsdatum von herkömmlichen Supermärkten aufgekauft und zu einem günstigerem Preis angeboten. Irrsinnigerweise landen in den Regalen Lebensmittel, die noch viele weitere Wochen, Monate oder sogar Jahre genießbar sind.

Das SirPlus-Team um Raphael Fellmer (vorne rechts) bei der Eröffnung des Rettermarktes in Berlin-Steglitz. Foto: avocado-blog.de.

Lästiges Verpackungsmaterial, meistens aus Plastik, kennen wir alle. Diesem können Sie einen Strich durch die Rechnung machen, indem Sie Unverpacktläden besuchen und sich Pasta, Nüsse oder Gewürze in ein Behältnis abfüllen. In normalen Supermärkten lässt sich dieses Konzept jedoch auch umsetzen. Selbst mitgebrachte Jutebeutel, Obstnetze und der Griff zur unverpackten Variante des Gemüses vermeiden weiteren Verpackungsmüll und senken langfristig die Nachfrage nach Plastikverpackungen.

Neben den Verpackungsmaterialen stellen auch die Transportwege unserer Lebensmittel ein großes Problem dar. Tomaten aus Spanien sind nicht nur mit Pestiziden belastet, die sowohl der Umwelt als auch den Konsumierenden selbst schaden, sondern legen auch einen weiten Weg zurück. Das CO2, welches dabei freigesetzt wird, lässt sich vermeiden, indem man regionale und saisonale Produkte konsumiert. Momentan wird in Deutschland fleißig Spargel und Blumenkohl geerntet und seit Kurzem gibt es wieder frische Erdbeeren und Aprikosen!

Auch der Besuch im Restaurant oder Café lässt sich nachhaltiger gestalten, indem Sie eigene Mehrwegbecher zum Befüllen bzw. Brotdosen für übrig gebliebenes Essen mitbringen.

320.000 Coffee-to-Go-Becher landen stündlich im Müll – und das alleine in Deutschland.
Foto: filmbetrachterin/Pixabay

Einige Obst-, Gemüse-, oder Kräutersorten im Garten, auf dem Balkon oder in einer gepachteten Gartenparzelle anzulegen, sorgt außerdem für das Vermeiden von Transportwegen und pestizidbelasteten Lebensmitteln. Dieser Trend breitet sich unter dem Namen ,,Urban Gardening’’ auch unter vielen Stadtbewohner*innen aus.

Kleidung

Dass es in der Kleidungsbranche oft nicht ,,sauber“ zugeht, ist vielen von uns mittlerweile bewusst. Unfaire Löhne, unsichere Arbeitsbedingungen und krebserregende Färbe- und Bleichmittel prägen die Produktionsketten der Modeindustrie. Was können Sie tun, um sich als Endverbraucher*in mit gutem Gewissen einzukleiden?

Am Anfang einer jeden Anschaffung sollte die Überlegung stehen, ob man wirklich ein neues Kleidungsstück braucht. Oft endet spontanes Kaufen in Fehlkäufen, die nie wieder getragen werden. Die nachhaltige Alternative hierzu ist, sich für Kleidung zu entscheiden, die langfristig getragen werden kann. Eine qualitativ hochwertige Winterjacke in einer neutralen Farbe ist zeitlos und wird problemlos über mehrere Jahre als treue Begleiterin dienen.

Entscheidend ist außerdem die Pflege der Kleidung. Wenn die Winterjacke nun jeden Tag gewaschen wird, sinkt natürlich die Ökobilanz. Eine sparsame Einteilung der Waschgänge bei niedrigen Temperaturen (Kleidung wird schon bei 30 Grad wunderbar sauber) und ein Bio-Waschmittel, welches das Abwasser und Ihre Haut nicht mit giftigen Chemikalien belastet, machen Ihre Kleidung nachhaltiger.

Genau wie in der Lebensmittelindustrie gibt es auch bei Kleidung verschiedene Siegel, welche Richtlinien zur Herstellung und Verarbeitung der Produkte voraussetzen. Leider sind diese oft nicht sehr bekannt bzw. es herrscht eine fehlende Transparenz gegenüber den Konsumierenden. Zwei der am weitesten verbreiteten und strengsten Siegel möchten wir gerne vorstellen:

IVN 

Der internationale Verband der Naturtextilwirtschaft erhebt höchste Ansprüche und gilt als das am strengsten vergebene Siegel. Die Richtlinien sind unter anderem, dass die Kleidung zu 100 Prozent aus biologisch erzeugten Naturfasern besteht und dass auf die Verwendung zahlreicher giftiger Chemikalien verzichtet wird. Zusätzlich müssen die Hersteller*innen existenzsichernde Löhne für Anbau und Verarbeitung garantieren können.

Das Siegel des internationalen Verbands für Naturtextilwirtschaft
Quelle: stadelmann-natur.de

GOTS

Das „Global Organic Textile Standard“-Siegel verspricht einen Mindeststandard für Naturtextilien. Kleidung muss zu mindestens 70 Prozent aus biologisch erzeugten Naturfasern bestehen und es gelten strenge Anforderungen in den Bereichen Abwasserklärung, Energieverbrauch. Die sozialen Standards orientieren sich an denen der International Labour Organisation. Besteht die Kleidung zu mindestens 95 Prozent aus biologisch erzeugten Naturfasern, wird der Zusatz ,,organic” vergeben.

Das Siegel des Global Organic Textile Standard
Quelle: naturtextil.de

Neben den Siegeln gibt es natürlich auch Modelabel, die auf Nachhaltigkeit setzen oder auf eine nachhaltigere Produktion umstellen. Der Onlineshop ,,Avocado’’ bietet zum Beispiel eine Auswahl an nachhaltigen Marken an. Darunter ist die Firma ,,Greentee’’, welche zu fairen und sozialen Bedingungen in Europa produzierte T-Shirts aus Biobaumwolle anbietet. Des Weiteren verkauft ,,THOUGHT-BRAINTEE’’ Kleidung aus Hanf-, Bambus-, und Sojabohnenfasern, welche mit der FairTrade Association produziert wird.  Die Firma ,,WIEDERBELEBT’’ arbeitet mit Überschüssen aus der Textilindustrie ohne neue Rohstoffe zu verwenden. Durch diese Form des Upcyclings wird der Energie-, und Wasserverbrauch zu 90 Prozent reduziert. Bei der Herstellung und Verarbeitung in Stuttgart werden von jedem Stück nur 50 Exemplare hergestellt, um dazu beizutragen, dass der Wert von Kleidung wieder mehr geschätzt wird.

All diese Namen sind bisher noch nicht jedem bekannt, doch auch Mainstream-Marken wie z.B. Adidas versuchen Nachhaltigkeit in ihre Philosophie zu integrieren. Adidas stellte bei der Klimakonferenz 2015 einen Schuh aus recyceltem Meeresplastik vor. Die Kollektion wurde später um Sportkleidungsartikel erweitert und fand in Kooperation mit Parley for the Oceans statt. Die Stoffe bestehen teilweise aus recycelten Plastikfasern. Die Kollektion stieß auf großen Anklang und die Idee, dass in Zukunft große Modelabel mit recycelten Stoffen arbeiten, schien vielversprechend.

Werbefoto für Adidas Kooperation mit Parley for the Oceans
Quelle: businessinsider.de

Leider stellte sich Adidas Kampange als ,,Greenwashing” heraus, da die Mischfasern später nicht wieder recycelt werden können und somit eindeutig nicht nachhaltig sind. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass sich der recycelte Plastikmüll generell nicht für die Wiederverarbeitung in Kleidung eignet, da sich Mikropartikel beim Waschen lösen und als Mikroplastik erneut ins Abwasser gelangen. Der Müll kehrt dorthin zurück, wo er eigentlich dauerhaft entfernt werden sollte. Als Adidas mit den ,,Downcyling’’-Argumenten konfrontiert wurde, konnten keine konkreten Aussagen über den Plan zur Entsorgung der Artikel getroffen werden.

Das traurige Fazit lautet also: Kund*innenköder durch die Besetzung eines emotionalen Themas. Vielleicht wurde durch die mediale Aufmerksamkeit wenigstens mehr Bewusstsein für das Plastikproblem geschaffen und andere Marken dazu motiviert auf eine tatsächlich nachhaltige Produktion umzustellen.

Technik

Technik ist der bisher wohl am wenigsten von nachhaltiger Produktion geprägte Bereich des Konsums. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass hier am wenigsten Transparenz vorliegt und oft bloß auf die Energieeffizienz der Geräte geachtet wird, jedoch nicht auf die Herstellung. Zudem gibt es beim Kauf technischer Produkte bisher kaum bekannte Siegel, die einen fairen Handel garantieren, da die Produktionsketten noch verstrickter sind als in anderen Branchen. Oft handelt es sich jedoch um Kinderarbeit und unmenschliche Arbeitsbedingungen sowie unfaire Löhne. Die Abbaugebiete selbst sind oftmals umstrittene Bereiche oder Kriegsgebiete.

,,Faire Technik gibt es nicht’’

Umweltexperte Dirk Petersen der Hamburger Verbraucherzentrale

Das derzeit transparenteste und strengste Siegel ist von der schwedischen ,,Tjänstemännens Centralorganisation’’ , kurz: TCO. Es berücksichtigt neben effizientem Stromverbrauch auch die Langlebigkeit der Produkte, die sozialen Standards während der Herstellung, die Gesundheit der Verbraucher*innen und die Materialrückgewinnung. Alle drei Jahre wird eine neue Generation der TCO-Kriterien veröffentlicht, um einen Anreiz für einen kontinuierlichen Fortschritt zu geben.

Nicht nur ressourcenschonend, sondern auch fair ist das Fairphone des niederländischen Gründers Bas van Abel. 2013 startete er eine Crowdfunding-Kampagne in deren Rahmen 25.000 Unterstützer*innen ein Fairphone noch vor der Herstellung bestellten. Mittlerweile gibt es das nachhaltige Smartphone schon in der zweiten Generation und es wird weiterhin an noch mehr Fairness im Herstellungsprozess gearbeitet. Der Fokus des Fairphones liegt auf der Verwendung konfliktfreier Rohstoffe, Haltbarkeit, fairen Löhnen und Produktionsbedingungen.

Wenn das Fairphone kaputt geht, lassen sich einzelne Bestandteile unkompliziert austauschen
Foto: shop.fairphone.com

Als allgemeinen Verhaltenskodex beim Kauf von Technik lässt sich sagen, dass die Langlebigkeit der Produkte enorm wichtig ist. Große Elektrokonzerne sind schon oft in den Verdacht geraten ,,unreparierbare’’ Geräte herzustellen, damit sich nach deren Verschleiß möglichst neue, teurere angeschafft werden. Wenn ein Produkt wirklich ausgetauscht werden muss, gibt es Recyclingmethoden für Elektrogeräte. Sie können teilweise eingeschmolzen und wiederverwendet werden.

Nachhaltig kaufen lohnt sich

Lebensmittel, Kleidung und Technik sind essentielle Bestandteile unseres Alltags. Im alltäglichen Trott ist es ein Leichtes, die Augen vor den vielen Schattenseiten unseres Konsumverhaltens zu verschließen. Außerdem ist es ein Leichtes, zum Mainstreamprodukt zu greifen. Jedoch lohnt es sich, es anders zu machen.

Kaufen kann in vielerlei Hinsicht nachhaltig gestaltet werden, wenn Sie auf die richtigen Aspekte achten und nicht immer zu dem greifen, was momentan beworben wird. Qualitätsvolle Produkte werden Sie problemlos langfristig begleiten. Und manchmal sollte man auch den Dingen eine Chance geben, die von anderen übersehen wurden. Durch eine Konsumumstellung vieler wird die Nachfrage auf dem Markt eine Richtungsänderung erfahren und Hersteller*innen zu einem Umdenken zwingen.