„Raus aus der Kunststofffalle“ – E-Paper zur Plastikproblematik

Im E-Paper„Raus aus der Kunststofffalle“ von Juni 2020 plädiert die Deutsche Umweltstiftung für einen radikalen Wandel im Umgang mit Kunststoffen, stellt alternative Lösungen auf den Prüfstand und richtet konkrete Forderungen an die Politik.

Wir alle kennen die Bilder: Paradiesische Strände, an denen mehr und mehr Plastikmüll angespült wird, riesige Müllhalden, auf denen sich der Kunststoff meterhoch stapelt. Das Problem des Plastikmülls ist mittlerweile allgegenwärtig. Jeder Supermarktbesuch führt uns das vor Augen. Obst, Gemüse, Brot oder Käse – fast alles ist in Plastik verpackt. Dementsprechend ist es kaum verwunderlich, dass jede*r Deutsche im Jahr 2017 durchschnittlich 226,5 kg Verpackungsmüll verursachte.

Doch es gibt nicht nur diese offensichtlichen Auswirkungen auf die Umwelt. Kunststoff stellt aktuell in fast allen Bereichen des Lebens eine Gefahr für uns und unsere Umwelt dar. Kunststoffe sind ein Verpackungsmaterial mit hohen ökologischen Kosten, schlechter Klimabilanz und massiven Beeinträchtigungen für Umwelt und Gesundheit.

Kunststoff als Katalysator des Klimawandels

Der komplette Lebenszyklus eines Kunststoffproduktes verursacht laut des Center for International Environmental Law etwa 850 Millionen Tonnen Treibhausgase. Verantwortlich dafür sind vor allem fossile Brennstoffe, die Grundbestandteil der meisten Kunststoffe sind. Außerdem werden Treibhausgase freigesetzt, wenn Plastikteile im Meer dauerhafter Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind. Des Weiteren zersetzen sich die Plastikartikel im Meer in kleinste Teile, sogenanntes Mikroplastik, das Mensch, Tier und Natur schadet.

Quelle: Dustan Woodhouse über Unsplash

Recyclingprozesse konnten die Plastikproblematik bisher nicht gänzlich lösen, das machen die großen Mengen Kunststoffmüll in der Umwelt deutlich. Insbesondere wenn Produkte aus Verbundstoffen statt aus reinem Kunststoff bestehen, gestaltet sich Recycling schwierig, da die Trennung der verschiedenen Stoffe zeitintensiv und teuer ist.

Auch sogenanntes Bio-Plastik als potenzieller Ersatz für umweltschädliche Kunststoffe weist Schwächen auf. So gilt die biologische Abbaubarkeit der Produkte häufig als kompliziert und durch die Produktion kann es zum Verbrauch wertvoller Lebensmittelressourcen kommen.

Vermeiden, Reduzieren, Ersetzen: Wege aus der Kunststofffalle

Was können wir nun also tun, um das Plastikproblem zu lösen? Vermeiden, Reduzieren und Ersetzen – diese Prämissen ebnen den Weg aus der Kunststofffalle.

Wie im E-Paper dargelegt, kann Plastikvermeidung im Alltag sehr einfach sein. Zum Baumwollbeutel statt zur Plastiktüte oder zur Mehrweg- statt zur Einwegflasche zu greifen, kann beispielsweise helfen, den Plastikverbrauch zu reduzieren.

Kunststoff kann außerdem hervorragend eingespart werden, indem der eigene Konsum reduziert wird. Das zeigt die unten dargestellte Anti-Verbraucher-Pyramide. Sie verkörpert den Suffizienzgedanken: Nicht immer muss alles neu gekauft werden. Wir können Energie- und Rohstoffverbrauch sowie Abfall reduzieren, indem wir darüber nachdenken, ob wir etwas nutzen können, das wir bereits besitzen. Ist das nicht der Fall, können wir es eventuell selbst machen, tauschen, leihen oder gebraucht erwerben. Dennoch wird sich das Neukaufen bestimmter Dinge nie gänzlich vermeiden lassen. Daher beleuchtet das E-Paper die Vor- und Nachteile von Substitutionsprodukten für Kunststoffe wie Wellpappe oder Glasbehälter.

Die Anti-Verbaucher-Pyramide zeigt, wie Suffizienz im Alltag möglich ist.

Die Deutsche Umweltstiftung legt im E-Paper folgende Forderungen an die Politik dar:

  • Gestaltung der Rahmenbedingungen, die einen Wandel in Produktion, Verbrauch und Entsorgung ermöglichen
  • Schaffung finanzieller Anreize für Unternehmen, damit eine Umstellung auf Wellpappe oder andere Alternativen gelingt
  • Ausbau der Forschungsförderung
  • Spürbare Besteuerung der Kunststoffverpackungen
  • Ausweitung des EU-Verbot für Plastikeinwegprodukte auf alle Plastikprodukte für die es eine Alternative gibt
  • Bis 2025 30 Prozent der Kunststoffverpackungen durch umweltfreundliche Alternativen ersetzen

Alle Forderungen der Deutschen Umweltstiftung sowie weiterführende Informationen findet ihr im E-Paper.

Quellen:
Center for International Environmental Law (2019): „Plastic & Climate: The Hidden Costs of a Plastic Planet”. URL: https://www.ciel.org/plasticandclimate.
Deutschlandfunk (31.10.2018): Plastikmüll im Meer verursacht Treibhausgase. URL: https://www.deutschlandfunk.de/kli-mawandel-plastikmuell-im-meer-verursacht-treibhausgase.676.de.html?dram:article_id=431970.
Umweltbundesamt (18.11.2019): Verpackungsverbrauch im Jahr 2018. URL: https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/verpackungsver-brauch-im-jahr-2017-weiter-gestiegen.
Umweltbundesamt (2014): „Abfälle im Haushalt: Vermeiden, Trennen, Verwerten“. URL: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/publikationen/uba_abfall_web.pdf.
Umweltbundesamt (2017): „Tüten aus Bio-Plastik sind keine Alternative“, URL: https://www.umweltbundesamt.de/themen/tueten-aus-bioplastik-sind-keine-alternative
Abfallvermeidungsprogramm“, Broschüre des BMU, https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Pools/Broschueren/abfallvermeidungsprogramm_bf.pdf.
Verbraucherzentrale (2018): „Gefahren für die Gesundheit durch Plastik“. URL: https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/umwelt-haushalt/wohnen/gefahren-fuer-die-gesundheit-durch-plastik-7010.

Das Fachforum Nachhaltigkeit: Suffizienz und Ernährung

Das Fachforum Nachhaltigkeit zum Thema „Suffizienz und Ernährung“ wurde am 3. Juli 2020 vom Landesjugendring BW veranstaltet. Es wurden verschiedene Handlungsmöglichkeiten vorgestellt, wie die eigene Ernährung gestaltet werden sollte und welche staatlichen Anreize sinnvoll wären. Dazu wurde begründet, warum diese notwendig und sinnvoll sind, um bestehende Probleme zu lösen. Aktuelle Probleme in Bezug auf Ernährung sind hohe CO2-Emissionen, Flächenverbrauch und Naturzerstörung, Artensterben durch die Landwirtschaft sowie die eigene Gesundheit und Tierwohl.

Ein Beispiel ist die energie- und ressourcenintensive Fleischindustrie. Allein die Tierhaltung ist für rund 20 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich und beansprucht ein Drittel der Erdoberfläche. Den eigenen Fleischkonsum zu reduzieren entschärft diese Problematiken auf individueller Ebene. Auf staatlicher Ebene können das Ende von Subventionen oder Steuervorteile für pflanzliche Produkte eine fleischarme Ernährung attraktiver machen.

Aufbauend darauf zeigte Gerd Oelsner von den „Regionalen Netzstellen Nachhaltigkeitsstrategien“ (RENN.süd) Methoden auf, die Menschen meist unterbewusst dazu bringen können, sich nachhaltig zu verhalten. Hierzu zählt beispielsweise das Nudging, bei dem kleine „Schubser“ größere Gewohnheitsveränderungen anstoßen. Ein erster Schritt ist oft, sich mit dem eigenen Verhalten auseinander zu setzen. Hierzu gab Gerd Oelsner Materialien wie den persönlichen CO2-Rechner oder den nachhaltigen Warenkorb an die Hand.

Der Hauptteil der Veranstaltung bestand aus einer inhaltlichen Einführung in das Thema Suffizienz durch Dr. Lars Brischke, Suffizienzforscher am Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (Ifeu). Im Anschluss daran erklärte Amany von Oehsen, Umweltberaterin beim BUND Heidelberg warum Suffizienz in der Ernährung eine wichtige Rolle spielt.

Dr. Lars Brischke definiert Suffizienz als Möglichkeit, sich von Besitz & Zeit sowie Markt & Raum zu emanzipieren. Dabei verschiebe Suffizienz den Möglichkeitsraum: Es soll weder einen Mangel an Bedürfnisbefriedigung noch ein Übermaß an Ressourcennutzung bestehen. Für den Bereich Ernährung seien Ressourcen jedoch schon häufig überstrapaziert. Beispiele dafür seien Fleischkonsum, Ferntransport, Dumpingpreisen, Lebensmittelabfällen, Wasserbedarf und dass Nahrungsmittel aus globalisierten Erzeugungs- und Lieferketten kommen. Weitere Probleme im Bereich Ernährung seien die chemische Belastung der Umwelt, Ausbeutung von Arbeitskräften und eine unausgewogene Ernährung der Bevölkerung. Auch die vier E’s aus der Suffizienzforschung, dargestellt in Abbildung 1, helfen beim Thema Ernährung. Der Konsum regionaler Lebensmitteln trägt zur Entflechtung bei und der Konsum saisonaler Lebensmittel entschleunigt die eigene Ernährung, denn natürliche Rhythmen werden beachtet. Lebensmittel nicht zu verschwenden und nicht wegzuwerfen ist Fazit der Entrümpelung und Lebensmittel selbst anzubauen oder Produkte eigens herzustellen entkommerzialisiert den eigenen Konsum.

Abb. 1: Grundsätzlich helfen Entrümpelung, Entschleunigung, Entkommerzialisierung und Entflechtung, die 4 E’s aus der Suffizienzforschung, bei der Gestaltung suffizienter Ernährungsweisen. © Dr. Lars Brischke

Amany von Oehsen erklärt weiter, um suffiziente Ernährungsweisen zu verbreiten, sei es wichtig, diese Probleme ins Bewusstsein der Konsumenten zu rufen und Lösungsansätze und Handlungsoptionen positiv zu kommunizieren. Viele praktische Tipps verdeutlichen, dass eine suffiziente Ernährung für jeden umsetzbar ist. Jedoch müsse auch die Politik falsche Anreize, zum Beispiel durch Subventionen, abbauen oder umkehren und richtige Anreize zum Beispiel durch eine Besteuerung setzen.

Zum Abschluss wurde das Projekt „N-Scouts“ durch Erfahrungsberichte anwesender aktiver N-Scouts vorgestellt. Bei diesem Projekt geht es darum, Mitglieder verschiedener Organisationen aus der Jugendarbeit im Bereich Nachhaltigkeit zu schulen. Die verschiedenen Steps auf dem Weg zum N-Scout sind in Abbildung 2 dargestellt. Nach der Schulung tragen die N-Scouts suffiziente Handlungsweisen in ihre Organisationen.

Abb. 2: Das Projekt N-Scouts beinhaltet eine Schulungsphase, in der Teilnehmer zu Experten im Bereich Nachhaltigkeit für ihre Organisation ausgebildet werden. © Vera Rößiger

Das Fachforum Nachhaltigkeit zum Thema „Ernährung und Suffizienz“ war eine gute Gelegenheit, um sich die Notwendigkeit einer suffizienten Ernährung ins Bewusstsein zu rufen. Dabei wurde schwerpunktmäßig dargestellt, wie die eigene Ernährung ohne viel Aufwand suffizienter gestaltet werden kann und wie auch Andere zu Änderungen bewegt werden können. Das vorgestellte Projekt N-Scouts ist ein Ansatz, um suffiziente Handlungsweisen auch in Organisationen umzusetzen und vor allem junge Menschen für das Thema zu sensibilisieren.

Quellen:
Noleppa, Steffen, von Witzke, Harald (2012): Tonnen für die Tonne, Berlin: WWF. URL: https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/studie_tonnen_fuer_die_tonne.pdf
Greenpeace (2014): Fleisch – Was kostet das Stück Lebenskraft? URL: https://www.greenpeace.de/themen/landwirtschaft/fleischeslust-was-das-stuck-lebenskraft-tatsachlich-kostet