Kann Mode nachhaltig sein? – Warum ein Umdenken notwendig ist

Die Fashion Weeks dieser Erde zeigen uns regelmäßig, welcher Schnitt, welche Farbe und welche Kombinationen von Kleidungsstücken gerade angesagt sind. Mode ist Ausdruck eines bestimmten Zeitgeistes, sie zeichnet sich durch Aktualität, Wechselhaftigkeit und Schnelllebigkeit aus. Und genau hier liegt das Problem. Die Textilindustrie hat einen bemerkenswert großen ökologischen Fußabdruck, was uns zur Frage bringt: Geht Mode auch nachhaltig? NEIN. Nachhaltigkeit ist kein Attribut, sondern ein Nutzungskonzept. Aber schauen wir genauer hin:

Fast Fashion vs. Slow Fashion

Schnelllebigkeit und Aktualität definieren den sogenannten „Fast Fashion“­-Trend. Damit sind die immer kürzer werdenden Abstände zwischen neuen Kollektionen, die sich an den aktuellsten Modetrends orientieren, gemeint. Durch Massenproduktion und das Outsourcen in Billiglohnländer kann diese Form von Mode immer schneller und günstiger produziert werden. Aufgrund der niedrigen Preise und der meist minderwertigen Qualität führt Fast Fashion zu einer Wegwerfgesellschaft und damit zu massiven Umweltschäden.  Ist das nachhaltig? Bestimmt nicht.

Wir müssen weg von Mode und hin zur nachhaltigen Kleidung

Es gibt eine Gegenbewegung zu Fast Fashion: Sie wird als „Slow Fashion“, „Green Fashion“ oder auch „Eco Fashion“ bezeichnet – und setzt auf das Konzept Nachhaltigkeit. Sie zeichnet sich neben einer nachhaltigen und fairen Produktion vor allem durch ihre Langlebigkeit aus. Diese Art von Kleidung soll aus qualitativ hochwertigeren Materialien bestehen und folgt weniger den aktuellen Trends, sondern setzt auf ein klassisches und zeitloses Design. Es setzt auf Langlebigkeit.

Aber Vorsicht: Akteure der Modebranche stellen sich gerne als besonders nachhaltig dar. Influencer*innen, die vegane Marken empfehlen und Modehäuser, die recycelte Ware anbieten: Klingt fortschrittlich, aber ist es das auch? In vielen Fällen ist es schlicht Greenwashing. Anders als oft suggeriert, wird bzw. nicht einmal ein Prozent der getragenen Kleidung zu neuer „Mode“ recycelt.

Kriterien

Natürlich muss ab und zu trotzdem etwas „Neues“ her. Dabei ist es gar nicht so leicht zu erkennen, ob ein Kleidungsstück nachhaltig produziert wurde oder ob es sich um Greenwashing handelt. Im Quellenverzeichnis findet ihr eine Liste mit Öko-Textil-Siegeln, die umweltfreundlich hergestellte Kleidung kennzeichnet.

1. Materialien aus biologischen Rohstoffen
Es ist wichtig, dass bei der Textilherstellung nur Materialien aus umweltverträglichen und zu 100 % biologisch abbaubaren Rohstoffen verwendet werden. Beim Anbau wird auf den Einsatz von Pestiziden, chemischen Düngemitteln, Insektiziden und anderen schädlichen Substanzen verzichtet. So gelangen weniger Chemikalien ins Grundwasser und in die Böden, dem Insektensterben wird entgegengewirkt und die Schadstoffbelastung der Menschen vor Ort wird erheblich reduziert.

2. Ressourcenschonende Produktion
Neben einem möglichst geringen Wasser- und Energieverbrauch ist die Verwendung schnell nachwachsender Rohstoffe wie z. B. Bambus ein weiteres Kriterium. Lieferwege sollten so kurz wie möglich und die gesamte Lieferkette möglichst in derselben Region verortet sein.

3. Recycling & Upcycling
Ein weiterer essenzieller Teil grüner Mode ist das Recyceln und Upcyclen von verschiedenen Materialien zur Herstellung neuer Kleidungsstücke. Mittlerweile werden auch Abfallprodukte, wie z. B. Schnittreste aus der Forstwirtschaft, Plastikflaschen oder Fischernetze immer häufiger genutzt, um daraus neue Stoffe herzustellen. Der Ressourceneinsatz wird auf ein Minimum reduziert, sodass ebenfalls weniger Müll entsteht.

4. Soziale und faire Produktionsbedingungen/ Arbeitsbedingungen
Green Fashion muss immer gerechte Bezahlung, gute und sichere Arbeitsbedingungen bedeuten. Sie darf nicht aus Kinderarbeit entstehen und Rohstoffpreise entlang der gesamten Produktionskette müssen angemessen bezahlt werden.

Aber wir müssen nicht gänzlich auf Abwechslung im Kleiderschrank verzichten! Es gibt viele Alternativen zum Neukauf: wie z. B. Second Hand, Kleidertauschpartys, Flohmärkte oder Kleidervermietung. In unserer Checkliste haben wir ein paar Tipps zusammengestellt:

Was Verbraucher*innen tun können

Uns als Verbraucher*innen kommt eine entscheiden Rolle zu. Es ist wichtig, dass wir unsere Beziehung zu Kleidung und Konsum grundsätzlich hinterfragen und unser Bewusstsein hin zu einem suffizienten Modekonsum umstellen. Dinge sollten nur dann gekauft werden, wenn sie wirklich benötigt werden und nicht nur zur Freizeitbeschäftigung oder Belohnung. Außerdem müssen wir die Lebensspanne unserer Kleidungsstücke verlängern, um der Wegwerfmentalität und dem dadurch entstehenden Müll entgegenzuwirken. Suffizienz und Degrowth sind dabei wichtige Stichwörter.

Quellen:

Abschlusskonferenz der Nachwuchsforschungsgruppe „Digitalisierung und sozial-ökologische Transformation“

Oft wird die Digitalisierung als Megatrend des 21. Jahrhunderts bezeichnet. Seit der Entwicklung des ersten Computers in den späten 1940er Jahren hat sich vieles verändert. Wir steuern auf eine umfassende Digitalisierung unserer Umwelt zu und selbst das Smart-Home ist keine Zukunftsvision mehr. Es stellt sich die Frage, ob die Digitalisierung in eine smarte grüne Welt führt, in der alle vom technologischen Fortschritt profitieren und dies zum Umweltschutz beiträgt oder ob wir in eine digitale Wachstumsökonomie steuern, die uns noch schneller an die planetaren Grenzen stoßen lässt.

Die Forschungsgruppe „Digitalisierung und sozial-ökologische Transformation“ an der TU Berlin und am Institut für ökologische Wirtschaftsforschung untersuchte die Suffizienz-Chancen und Rebound-Risiken der Digitalisierung für eine Verringerung des Energie- und Ressourcenverbrauchs. Im Rahmen einer Abschlusskonferenz präsentierte die Nachwuchsforschungsgruppe am 20. Juni 2022 konzeptionelle Forschungsergebnisse im Spreespeicher Berlin. Das Forschungsthema wurde in vier Teilbereiche aufgeschlüsselt:

1. Welche Effekte birgt Digitalisierung für die Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Energieverbrauch?

Gleich zu Beginn der Veranstaltung wurde den Teilnehmenden die Illusion genommen, Digitalisierung an sich könnte einen Schub für eine nachhaltige Entwicklung leisten und die Umwelt entlasten. Studien haben gezeigt, dass die Digitalisierung das Wirtschaftswachstum zwar erhöht, die Auswirkungen sind aber bedeutend geringer als vorherige wichtige Technologien, wie z. B. die Einführung des elektrischen Stroms. Die Forschungsgruppe konzentrierte ihre Untersuchungen auf den ökologischen Effekt der Digitalisierung, den Energieverbrauch und Treibhausgasemissionen. Sie kamen zum Ergebnis, dass in Unternehmen ein höherer Grad an Digitalisierung auch zu größerem CO2-Ausstoß beiträgt. Auf Haushaltsebene führt in manchen Ländern mehr Digitalisierung zu einem erhöhten Ausstoß. In anderen Ländern ist es umgekehrt. Schlussendlich ist der Effekt sehr gering, der CO2-Ausstoß wird durch die Digitalisierung weder wesentlich erhöht, noch verringert.

In Bezug auf den Energieverbrauch heben sich die positiven und negativen ökologischen Effekte gegenseitig auf. Durch eine Energieeffizienzsteigerung und Tertiärisierung wird der Verbrauch zwar verringert, die Herstellung der Geräte und das rasante Wachstum durch Digitalisierungsprozesse erhöhen jedoch den Energieverbrauch.

2. Ist der Online-Konsum ein Potential für Suffizienz oder eher Konsumtreiber?

Online-Shopping vereinfacht den Konsum. Beim Surfen im Web werden Nutzer*innen ständig mit Werbeinhalten konfrontiert und beeinflusst. Im Marketing sollte eine Transformation hin zur Suffizienzförderung stattfinden: ein Angebot an zeitlosen und langlebigen Produkten und von Unternehmensseite aus die Anregung zu kritischem Konsum. Letztlich kann Suffizienz förderndes Marketing den Konsum reduzieren und damit einen nachhaltigen Beitrag leisten, aber nur, wenn die digitalen Marketingtechniken für den Zweck eines nachhaltigen Konsums eingesetzt werden. Dies geschieht leider zu selten im Sinne der Allgemeinwohlorientierung. Online überwiegen Inhalte, die auf Konsumstimulation ausgelegt sind.

3. Führt Digitalisierung zu einer Beschleunigung des Lebenstempos, und wie wirkt sich dies auf Gefühle von (Zeit-)Stress aus?

Digitale Geräte beeinflussen das subjektive und objektive Lebenstempo. Ob eine Be- oder Entschleunigung verspürt wird, ist von der Nutzungsart der digitalen Geräte abhängig. Menschen, die stärker digitalisiert leben, betreiben mehr Multitasking. In ihrer Studie konnte die Nachwuchsforschungsgruppe zeigen, dass Zeit-Rebound-Effekte auftreten, die vermeintlich gewonnene Zeit wird also mit immer mehr Tätigkeiten aufgefüllt. Somit kommt es oft zu mehr Zeitstress. Hierbei wiesen sie darauf hin, dass die Art und Weise, wie Menschen mit digitalen Technologien in Bezug auf ihre Zeit umgehen, vielfältige Konsequenzen für Gesellschaft und Umwelt hat.

4. Welche direkten Umweltwirkungen, aber auch Einsparpotentiale, sind mit digitalen Geräten im „vernetzten Zuhause“ (Smart Home) verbunden?

Ob durch Smart Homes wirklich Energie gespart wird, ist nicht so einfach zu sagen. Die Einsparungen sind viel geringer als erhofft, Strom und Treibhausgasemissionen werden zwar verringert, allerdings verbrauchen die digitalen Geräte viel Strom. Zudem werden für die Produktion sehr viele, nicht nachwachsende Ressourcen benötigt. Bei der Nutzung der Geräte steht der Nachhaltigkeitsgedanke zudem meist nicht im Vordergrund, sondern eher der Spaß- und Spielfaktor. Es kommt also zu einer Verschiebung von Umweltwirkungen, digitaler Klimaschutz geht oft zulasten knapper Ressourcenbestände. Smart Home-Systeme sind somit nur unter bestimmten Bedingungen ökologisch sinnvoll, wenn z.B. die Anzahl gering gehalten wird und die Geräte lange genutzt werden.

5. Forschungsergebnis

Die Digitalisierung bietet einige Chancen, soziale und ökologische Nachhaltigkeit zu erreichen, indem die Energie- und Ressourceneffizienz verbessert und durch umweltschonendere Dienstleistungen ersetzt wird. Zugleich bringt Digitalisierung neue Arten von Verbrauch mit sich. Die negativen Effekte gleichen die positiven Effekte aus. Auch der Blick auf soziale Gerechtigkeit zeigt, dass Digitalisierung zwar mehr Flexibilität mit sich bringt, gleichzeitig verstärkt sie aber den Trend schlechter Arbeitsbedingungen im Niedriglohnsektor und wirkt sozialer Nachhaltigkeit entgegen. Digitalisierung muss viel aktiver durch Politik, Unternehmen und Gesellschaft gestaltet werden, damit sie sozialen und ökologischen Zielen dienen kann. Die Forschungsgruppe entwickelte dazu zwei Leitbilder, um dies zu ermöglichen:

1. Digitale Suffizienz: So viel Digitalisierung wie nötig, so wenig wie möglich

2. Gemeinwohlorientierung: Kollaborativ statt kapitalistisch

Festzuhalten ist, dass digitale Technologien nur dann zu einer ökologischen Nachhaltigkeit beitragen können, wenn sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen fundamental verändern und alle Akteur*innen zusammenarbeiten. Nur als Teil einer sozial-ökologischen Transformation jenseits des Wachstums könnte das Potential der Digitalisierung zutage treten. Es braucht nicht nur digitale Investitionsprojekte, sondern auch ein begleitender sozio-kultureller Wandel im Umgang mit Digitalem.

Mehr Informationen zum Forschungsprojekt sind hier abrufbar.