Alle Jahre wieder ist es im Dezember so weit. Zum Ausklang des Jahres kommt zunächst die Adventszeit, gefolgt vom Großereignis Weihnachten. Besinnlichkeit, Barmherzigkeit, Solidarität, Nächstenliebe und soziales Miteinander – die Advents- und Weihnachtszeit bringen auch durch die Brille der Suffizienz betrachtet viel Gutes mit sich. Zugleich ist es jedoch auch immer eine der umsatzstärksten Zeiten des Jahres im Handel und viele Menschen wirken gestresster denn je. Es ist diese unnötige Diskrepanz, die im Folgenden näher betrachtet wird.
Tradition Weihnachten
Weihnachten ist ein fest verankerter Feiertag in unserer Gesellschaft und geprägt von Traditionen und Ritualen. Festlich geschmückte Fenster und Weihnachtsbäume, Lichterketten und Kerzen erhellen die Straßen und Wohnungen. Überall gibt es leckere Naschereien. Die Krippe mit den Figuren der Weihnachtsgeschichte wird aufgestellt und die Deko am Weihnachtsbaum verschönert den Raum. Die Pflege althergebrachter Traditionen sorgt für Vertrautheit und Gemütlichkeit. Doch das wirklich Besondere an der Weihnachtszeit ist das Soziale und die Gemeinschaft – die Zeit, die sich Familie und Freunde füreinander nehmen. Es vermag eine entschleunigende Zeit zu sein, mit gutem Essen, Weihnachtsfilmen, Gesellschaftsspielen und besinnlicher Musik.
Konsumstress und Ressourcenverschwendung
Doch allzu oft sieht es anders aus. Schuld daran ist nicht zuletzt der Shoppingstress. Dieser ließe sich natürlich am einfachsten vermeiden, wenn man auf Präsente gänzlich verzichten würde. Das wäre nebenbei auch sehr ressourcenschonend. Doch Geschenke an Weihnachten haben eine lange, gesellschaftlich fest verankerte Tradition, die aus dem christlichen Glauben resultiert und Wertschätzung und Nächstenliebe ausdrücken soll.
Insofern ist die weniger radikale Frage nicht ob, sondern wie bzw. was geschenkt wird. Dass dabei leider sehr häufig blinder Aktionismus gegenüber wohlbedachten Einkäufen den Vorzug erhält, zeigen die hohen Retourenquoten nach den Feiertagen. Das ist gleich in mehrfacher Weise kontraproduktiv: Den Schenkenden kostet es Zeit, Geld und Nerven, das Geschenk zu erwerben. Der Beschenkte freut sich nicht, ist möglicherweise sogar wegen des unpersönlichen Geschenks enttäuscht und hat am Ende seinerseits Stress beim Umtausch bzw. der Rückgabe. Oder noch schlimmer: Das Mitbringsel landet direkt im Müll. Und im Schatten leidet still die Umwelt aufgrund der immensen Ressourcen-verschwendung.
Bewusst schenken
Was lässt sich nun tun, um dieses Dilemma zu lösen? Eine wertvolle Orientierung bietet an dieser Stelle die Suffizienzpyramide.
Auch an Weihnachten gilt mithin das Credo, möglichst wenig Neues zu kaufen. Falls es dennoch etwas Gekauftes sein soll, lohnt es sich vorher, das Geschenk abzustimmen. Das ist zwar weniger romantisch, da der Überraschungseffekt verschwindet, doch zugleich kommt es auch nicht zu „Fehlschenkungen“. Natürlich gilt auch in diesem Fall, dass viele Produkte ein zweites Leben verdienen und Second-Hand bzw. über Tauschplattformen erworben werden können. Bei Neukäufen sollte am Fest der Liebe noch mehr als sonst auf die sozialen und ökologischen Herstellungsbedingungen geachtet werden. Ein großer Bogen sollte auch um kurzlebigen Ramsch gemacht werden. Entsprechende Produkte sind häufig nicht reparierbar und haben nur eine kurze Lebensdauer, ehe sie im Müll landen.
Noch besser ist es, Geschenke persönlich zu gestalten und dazu möglichst vorhandene Materialien zu verwenden. Das Internet wimmelt dabei nur so von Inspirationen und Bauanleitungen. Egal, ob es Backen, Heimwerken, Basteln oder Nähen ist – für jede Fähigkeit ist etwas dabei. Und ja: Es kann passieren, dass das Ergebnis am Ende nicht perfekt aussieht. Doch das ist ein geringer Preis dafür, dass es mit persönlichem Arbeitseinsatz für eine geliebte Person erstellt wurde. Mehr Wertschätzung geht nicht. Die Kirsche auf der Torte ist dann noch das nachhaltige Geschenkpapier.
Übrigens: Generell gilt, dass Zeit für viele Menschen in unserer hektischen Zeit das kostbarste Geschenk ist. Zudem können gemeinsame Aktivitäten häufig ressourcensparsamer gestaltet werden als herkömmliche Güter. Gemeinsame Ausflüge, Konzertbesuche oder ein raffiniertes Abendessen bescheren allen Beteiligten bleibende Erinnerungen und verstauben nicht im Regal.
Weniger ist mehr
Zum Abschluss soll noch einmal der radikale Gedanke des Traditionsbruchs aufgegriffen werden. Mehr Menschen als man gemeinhin erwartet, teilen das Gefühl einer falschen Erwartungshaltung an Weihnachten und können dem Geschenkewahn wenig abgewinnen. Insofern lohnt es sich immer, bei einem gemeinsamen Abendessen den Vorschlag zu unterbreiten, zumindest einmal ein Weihnachten ohne Geschenke zu erproben. Als Zwischenschritt bzw. Kompromiss bietet sich auch Wichteln an. Hier schenken sich nicht alle gegenseitig etwas, sondern jede*r beschenkt nur eine andere Person.