„Eine Konzeption von Städten, Infrastrukturen, Wohnhäusern, Fabrikations- und Bürogebäuden entscheidet, ob Menschen ihr Leben besser in Einklang mit der Umwelt bringen können.“ (BDA, Das Haus der Erde, 2019)
Nicht nur die Deutsche Umweltstiftung beschäftigt sich mit dem Thema Suffizienz, sondern auch der BDA. Der Bund Deutscher Architekten vereint circa 5.000 freischaffende Architekt*innen und Stadtplaner*innen, um diese im Interesse der Baukultur und des Berufsstandes zu verbinden. Am 15. BDA- Tag in Halle wurde kollektiv eine aktive Abwendung vom Wachstum gefordert. So plädiert das resultierende, beschlossene Positionspapier „Das Haus der Erde“ für eine Anleitungs- und Verhaltensveränderung in Bauwesen und Architektur. Das Papier konzentriert sich dabei auf zehn Punkte, die eine Abkehr vom Wachstumsmotiv in den Fokus stellen. Ganz im Sinne des Suffizienz-Gedankens werden Architekt*innen und Stadtplaner*innen aktiv dazu angehalten, die Schwerpunkte Wiederverwendung, Um-, Nach- und Mitnutzung in ihr Lebens- und Arbeitsverständnis einzubetten.
Das Positionspapier setzt in seinem Ziel auf Klimagerechtigkeit und fordert unter anderem, dass in Stadt und Land die Bewahrung von Bestehendem im Vordergrund steht, während unbedachtem Abriss vorgebeugt werden muss. Dabei soll „die Intelligenz des Einfachen“ die technische Aufrüstung zu „intelligenten Gebäuden“ ersetzen. Das heißt zum Beispiel, dass ein Übermaß am Gebrauch von Dämmmaterialien eingeschränkt wird. Bezüglich der verwendeten Materialien wurde beschlossen, dass diese vollständig wiederverwendbar oder kompostierbar sein sollen, sowie dass auf kohlenstoffbasierte Materialien und fossile Brennstoffe im Bau verzichtet wird. Des Weiteren soll die Mobilität als zu gestaltendes Konzept von Architekt*innen und Stadtplaner*innen beherzigt werden, wobei die gewachsene Polyzentralität in Deutschland gestärkt werden soll, „um das konjunkturinduzierte Wachstum der Städte einerseits und den rasant wachsenden Pendlerverkehr andererseits zu begrenzen“. Zukunftsweisend soll eine „Kultur des Experimentierens“ geschaffen werden, um klimagerechte und nachhaltige Lebens- und Verhaltensarten zu erproben und zu ermöglichen.
In der aktuellen Ausgabe der db (deutsche bauzeitung, 6/2019) „Anders bauen!“ kann ausführlich über die Thematik gelesen werden. In dem Heft wird dem Stand der Forschung bezüglich neuer Materialien und ressourcenschonender Projekte nachgegangen. Auch die Betrachtung neuer, innovativer Wohnkonzepte und die Herangehensweise bei den jeweiligen Planungsabläufen stellen einen zentralen Aspekt des Magazins dar.
An Freitagnachmittagen stehen viele Schulkinder für ihre Zukunft ein, statt im Unterricht zu sitzen. Foto: geralt/Pixabay
Zunehmend leeren sich die Klassenräume an Freitagnachmittagen. Seit einigen Monaten gehen Schüler*innen während der regulären Schulzeit in ganz Europa auf die Straßen, um für ihre Zukunft zu kämpfen. Auch wir von der Deutschen Umweltstiftung waren dabei und haben regelmäßig über die rasant an Bekanntheit gewinnende Fridays-for-Future-Bewegung berichtet. Uns verbindet ein gemeinsamer Wille, Wünsche und Hoffnungen.
Aus einer Demonstration von Schulkindern haben sich mittlerweile konkrete politische Forderungen entwickelt: ,,Fridays for Future fordert die Einhaltung der Ziele des Pariser Abkommens und des 1,5 Grad-Ziels’’, heißt es auf der offiziellen Homepage. Außerdem sollen in Deutschland bis Ende 2019 Steuern auf alle Treibhausgasemissionen erhoben werden, ein Viertel der Kohlekraft abgeschaltet werden und Subventionen für fossile Energieträger ein Ende finden. Für die kommenden Jahre wird der Kohleausstieg bis 2030, eine zu 100 Prozent erneuerbare Energieversorgung und eine Nettonull in der Treibhausgasbilanz bis 2035 gefordert.
Demonstrierende in Zagreb: Die Fridays-for-Future-Bewegung hat sich europaweit ausgeweitet. Foto: GoranH/Pixabay
Weniger politische, aber genauso klimaorientierte Ziele hat auch unsere #kaufnix-Kampagne. Als Hauptverursacher der Klimakrise muss unser übermäßiger Konsum eingeschränkt werden. Und damit kann jede*r bei sich selbst beginnen, ganz ohne Politik. Ein suffizienter Lebensstil wäre also der erste Schritt jedes und jeder einzelnen, um die Stimmen der demonstrierenden Schüler*innen zu hören. Die Bremse wird gezogen, indem jede*r von uns bewusster und weniger konsumiert.
Im Rahmen unserer Kampagne lassen wir verschiedenste Akteure, die sich mit unserer grüneren Zukunft auseinandersetzen, zu Wort kommen. Ob Aktivisten*innen, Journalisten*innen, Wissenschaftler*innen, Lehrer*innen oder Schüler*innen: Gemeinsam werden unsere Stimmen lauter, sodass sie nicht mehr überhört werden können. Hierzu gehört auch Fridays for Future. Wir möchten eine Plattform bieten, auf der über die Courage und das Engagement der Initiator*innen und aller Teilnehmenden berichtet wird. Dies alles wird stetig begleitet von unserer Überzeugung, dass der Nachhaltigkeitsgedanke auf diese Weise immer mehr Menschen erreicht. Wir wünschen uns mehr Fridays for Future und bleiben weiterhin am Ball!
Haben wir Ihr Interesse geweckt? Auf der offiziellen Webseite von Fridays for Future können Sie einsehen, wann und wo Demonstrationen in Ihrer Nähe stattfinden.
Suffizienz statt Wachstum! Das Motto der aktuellen #kaufnix-Kampagne der Umweltstiftung trifft den Nerv der Zeit. Sie richtet sich gegen grenzenloses Wachstum und unbedachten Konsum. Keine Frage, es ist höchste Zeit zu handeln. Und jeder kann einen Beitrag leisten. Die gute Nachricht: Es gibt Grund zur Hoffnung!
Über 30 Millionen Deutsche wollen die Welt verbessern. Das zeigt unsere neue repräsentative Studie „Komm näher. Was Weltverbesserer antreibt“. Viele Menschen wollen heute nachhaltig konsumieren und auch in Unternehmen hat das soziale Gewissen Konjunktur – nicht zuletzt, weil viele Kund*innen verantwortungsbewusstes Handeln und nachhaltige Lösungen immer stärker einfordern. Diese Kund*innen gelten als besonders anspruchsvoll und kritisch, denn sie haben ein höheres Ziel: eine bessere Welt.
„Eine bessere Welt…“ – was ist das eigentlich, wer gestaltet sie und warum? Als Agentur, die auf Kommunikation für nachhaltige Themen und grüne Markenführung spezialisiert ist, wollten wir mehr über die Menschen erfahren, die sich bereits kritisch mit ihrem Konsumverhalten auseinandersetzen. Untersucht wurden Personen, die für fair gehandelte Produkte mehr Geld ausgeben, sich sozial engagieren oder lieber bei Unternehmen kaufen, die sich für Umwelt und Soziales engagieren.
Wir haben fünf Dialoggruppen auf Basis
ihrer Lebensstile definiert. Sie sind generationenübergreifend und geben
Aufschluss über Motive, Impulse und Barrieren auf dem Weg zu nachhaltigerem
Konsum. Die Studie zeigt, wie und warum die einzelnen Gruppen handeln und
welche Bedürfnisse sie in Bezug auf eine bessere Welt realisiert haben möchten:
Sehnen sie sich nach Weltfrieden oder eigener Gesundheit? Handeln sie für ihre
Kinder oder das eigene Vorankommen?
Die Antworten sollten Unternehmen aufhorchen lassen. Denn das kritische Konsumverhalten vieler Menschen zwingt immer mehr Unternehmen umzudenken. Warum? Weil Konsument*innen Unternehmen verantwortlich für den Zustand unserer Welt machen. Zu Recht. Marken, die das nicht begreifen und keine Verantwortung übernehmen, werden in Zukunft keine Rolle mehr spielen. Schließlich sprechen wir nicht von einer kleinen Minderheit, sondern von über 30 Millionen Menschen in Deutschland, die laut Studie bewusst dazu beitragen wollen, die Welt besser zu machen.
Von ambivalenten Aufsteigern und
konsequenten Weltverbesserern
Von den fünf Dialoggruppen gehören 6,7 Millionen der Befragten über alle Generationen hinweg zu den „konsequenten Weltverbesserern“, die sich durch ein besonders hohes Engagement für Nachhaltigkeit auszeichnen. Anders steht es um die „ambivalenten Aufsteiger“ (3,7 Mio.), die hauptsächlich in der Generation Y vertreten sind. Ihnen ist die Umwelt zwar wichtig, ihren Lebensstandard möchten sie dafür jedoch nicht senken. Sie wissen, dass sie mehr tun könnten.
Zwischen diesen beiden Polen befinden sich die folgenden Segmente: Die „fürsorglichen Gestalter“ (3,9 Mio.) sind mehrheitlich Männer, die sich für eine bessere und gerechtere Welt einsetzen, weil ihnen das Wohl der nachfolgenden Generation am Herzen liegt. Mit 10,1 Millionen Menschen sind die „zurückgezogenen Pragmatiker“ zahlenmäßig die stärkste Gruppe. Altersmäßig gehören sie zu den Babyboomern. Ihnen sind die Umwelt und ihr eigenes Wohlbefinden wichtig. Last but not least gibt es die „couragierten Weltretter“, zu denen 6,5 Millionen Repräsentanten der Generationen Y und Z gehören. Sie erkennen ihre Möglichkeiten, nachhaltig und fair zu konsumieren und haben Spaß daran, neue Wege und Produkte zu entdecken.
Selbstwirksamkeit
ist zentraler Treiber
Kritische Konsument*innen wollen sehen und verstehen, was und wie sie zu einer besseren Welt beitragen. Unternehmen sollten daher transparent darstellen, was durch den Kauf eines Produktes bewirkt wird. Das untermauert und stärkt das Gefühl der Selbstwirksamkeit und damit die Motivation und Lust, noch mehr für eine bessere Welt zu tun. Wer sich bewusst ist, selbst etwas zu einer besseren Welt beigetragen zu haben, ist stolz darauf, Teil einer Gemeinschaft zu sein. Marken können dies nutzen, indem sie ihren Beitrag zu nachhaltigem Konsum klar kommunizieren, erfolgreiche Vorbilder unterstützen und den Einfluss sozialer Gruppen nutzen.
Kritische Konsument*innen sind bereit zur Partnerschaft
Dass nachhaltiges Engagement gewürdigt wird, zeigt sich auch in der Bereitschaft von Konsument*innen, Bündnisse einzugehen, um gemeinsam mit Marken für eine bessere Welt zu sorgen. Mit anderen Worten: Unternehmerischer Mut wird belohnt.
Auf dem Weg zu einer besseren Welt spielt – über alle Dialoggruppen hinweg – der menschliche Zusammenhalt, also das Gefühl von Gemeinschaft und Zugehörigkeit in Bezug auf gemeinsame Ziele, eine wichtige Rolle. Markenkommunikation kann diesen motivationalen Anker nutzen, indem auf die gemeinsamen Bemühungen von vielen Bezug genommen wird: „Gemeinsam viel erreichen“.
30 Millionen Deutsche sind bereit, ihr Konsumverhalten zu verändern. Was für eine Chance! Unternehmen, die ihr Handeln sozial, ökonomisch und ökologisch nachhaltig ausrichten, sollten diese Gruppe gezielt bestärken und ermutigen. Vor allem sollten sie sich selbst trauen, ihren Beitrag zu einer besseren Welt lauter zu kommunizieren. Dann erhöht sich auch der Druck auf alle weiteren Marktteilnehmer. Allen interessierten Unternehmen bieten wir an, Erkenntnisse der Studie zu vertiefen und in individuellen Workshops kommunikative Maßnahmen zu erarbeiten.
Zur Methodik
Die Basis-Studie wurde in zwei Phasen von Oktober bis Dezember 2018 durchgeführt. In einer mehrwöchigen qualitativen Online-Untersuchung gewannen die Marktforscher*innen von Curth+Roth und Polycore zunächst ein tiefes Verständnis für die Lebensrealitäten der Dialoggruppen. Auf Grundlage dieser qualitativen Studie wurden die psychologisch repräsentativen Erkenntnisse quantifiziert. Dafür wurden in einer zweiten Phase über 600 Teilnehmer*innen zwischen 16 und 65 Jahren befragt und hinsichtlich statistischer Repräsentanz analysiert. Die Aussagen zur Gesamtbevölkerung der quantitativen Erhebung sind statistisch repräsentativ.
Joko Weykopf, 38, gründete 2015 mit Jannes Vahl die auf Kommunikation für nachhaltige Produkte und Dienstleistungen spezialisierte Agentur Polycore in Hamburg. Mit seinem Team entwickelt er Marken und Kampagnen für Unternehmen, Initiativen, Behörden und Start-ups. Zu den Kunden zählen unter anderem die Amidori Food Company, Dr. Bronner’s, Budnikowsky, der Hamburger Senat und die Hamburger Sozialbehörde.
Über lange Zeit leistete das Wirtschaftswachstum einen positiven Beitrag zum Wohlbefinden vieler Menschen. Im Vergleich zu früher können wir uns eine luxuriöse Lebensweise leisten und wir leben im Durchschnitt auch wesentlich länger und gesünder. Doch in neuester Zeit wird es in den wohlhabenden Ländern in Westeuropa, Nordamerika und Japan zunehmend fraglich, ob das Wachstum noch einen Beitrag zum Wohlbefinden der Menschen leistet. Mathias Binswanger ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Fachhochschule Nordwestschweiz in Olten und Privatdozent an der Universität St. Gallen und zeigt in seinem Buch „Der Wachstumszwang“ warum die Volkswirtschaft immer weiterwachsen muss, selbst wenn wir genug haben.
Im folgenden Gastbeitrag gewährt Prof. Mathias Binswanger einen Einblick in das Buch.
Seit Beginn der ersten industriellen Revolution Ende des 18. Jahrhunderts in England ist Wirtschaftswachstum nach und nach in fast allen Ländern dieser Erde zu einem Dauerzustand geworden. Ein Wachstum des Bruttoinlandprodukts gilt als Anzeichen einer funktionierenden Wirtschaft, während ein Ausbleiben von Wachstum als pathologische Störung empfunden wird. Schon ein Jahr ohne Wachstum führt zu grosser Nervosität in Politik und Wirtschaft, und man versucht alle Hebel in Gang zu setzen, um wieder auf den Wachstumspfad zurück zu gelangen. Und wächst eine Wirtschaft gar ein paar Jahre nicht, wie das in Griechenland von 2008 bis 2013 der Fall war, dann wird daraus eine nationale Katastrophe. Doch warum sind die nach der industriellen Revolution entstandenen kapitalistischen Wirtschaften dermassen auf Wachstum fixiert?
Dafür gibt es tatsächlich einen Grund. Wächst die Wirtschaft,
kann eine Mehrheit der Unternehmen Gewinne erwirtschaften und ist somit
wirtschaftlich erfolgreich. Bleibt das Wachstum jedoch über mehrere Jahre aus,
dann machen immer mehr Unternehmen Verluste und verschwinden vom Markt. Auf
diese Weise gerät die Wirtschaft in eine Abwärtsspirale mit steigenden
Verlusten, sinkender Nachfrage und steigender Arbeitslosigkeit, aus der man nur
mit Wachstum wieder herauskommt. Es gibt somit zwei Alternativen: Wachstum oder
Schrumpfung.
Zu einer Schrumpfung kommt es aber im Normalfall nicht, weil Unternehmen aus eigenem Interesse stets möglichst hohe Gewinne erzielen wollen, was sich wiederum nur mit ständigen Investitionen in neues und besseres Kapital erreichen lässt. Deshalb wurde der Wachstumszwang, obwohl er seit der Entstehung kapitalistischer Wirtschaften im 19. Jahrhundert existiert, kaum als solcher wahrgenommen. Man sah vor allem den Wunsch nach Verbesserung der Lebensbedingungen und nach mehr materiellem Wohlstand. Doch heute werden sich die Menschen in hochentwickelten Ländern zunehmend bewusst, dass Wirtschaftswachstum zwar das Versprechen von steigendem materiellen Wohlstand eingelöst hat, aber trotzdem wesentliche Bedürfnisse unerfüllt bleiben. Die Menschen werden mit noch mehr materiellem Wohlstand nicht mehr glücklicher oder zufriedener. Und wir sehen auch, dass Wirtschaftswachstum die Umwelt belastet.
Aus dem Heilsversprechen des Wachstums auf eine bessere Zukunft wird so zunehmend eine Zwangshandlung. In Ländern wie Deutschland oder der Schweiz wird die Forderung nach weiterem Wachstum deshalb kaum mehr damit begründet, dass es uns in Zukunft ein noch besseres Leben ermöglicht. Stattdessen wird uns Wachstum als Zwang präsentiert. Bei geringem oder ausbleibendem Wachstum würden wir gegenüber anderen Ländern zurückfallen, als Wirtschaftsstandort an Attraktivität verlieren, an Innovationskraft einbüßen und vor allem Arbeitsplatzverluste erleiden. Also müssen wir weiterwachsen, auch wenn wir dies gar nicht mehr wollen! Genau das ist der Wachstumszwang.
Der eben beschriebene Zusammenhang zwischen Wachstum und Gewinnen wird bis heute allerdings kaum thematisiert. Das liegt vor allem daran, dass die an Universitäten gelehrten Wachstumstheorien diesen Zwang gar nicht erkennen können. Die Wirtschaft wird dort nur von der Angebotsseite her betrachtet, und es stellt sich weder die Frage nach der Finanzierung von zusätzlichen Investitionen, noch die Frage, ob man die produzierten Produkte auch verkaufen kann und Gewinne erzielt. Deshalb ist es notwendig ein realistischeres Bild des Wachstumsprozesses zu vermitteln, wo der Zusammenhang zwischen Geldschöpfung, Investitionen, Wachstum und Gewinnen dargestellt wird. Erst dann lässt sich auch nachvollziehen, weshalb die Aufrechterhaltung des Wachstums in hochentwickelten Ländern immer mehr Anstrengungen erfordert. Es genügt nicht mehr vorhandene Bedürfnisse der Konsument*innen zu decken, sondern es müssen stets neue Bedürfnisse geweckt werden um den Verkauf weiter anzukurbeln. Doch kapitalistische Wirtschaften haben mittlerweile nicht nur ein hohes Innovationstempo erreicht, sondern auch eine Meisterschaft in der Weckung von neuen Bedürfnissen.
Ein Ende des Wachstums ist deshalb trotz stetigen Unkenrufen bis heute nicht in Sicht. Die Weltwirtschaft wächst nach der kurzen Unterbrechung durch die jüngste Finanzkrise im Jahr 2009 wieder regelmässig mit Wachstumsraten zwischen 2 Prozent und 4 Prozent. Die ganze Geschichte der kapitalistischen Wirtschaft war schon immer begleitet durch Prognosen über ihr baldiges Ende und vor allem das Ende des Wirtschaftswachstums, wie es etwa der Club-of-Rome-Bericht im Jahr 1972 prognostizierte. Doch davon kann keine Rede sein. Der Wachstumsdrang hat bis heute alle vermeintlichen Wachstumsbarrieren aus dem Weg geräumt, und auch der momentan viel diskutierte CO2-Anstieg hat bisher nichts daran geändert. Deshalb wächst der globale CO2-Ausstoß weiter an, obwohl die Wertschöpfung immer weniger CO2-intensiv ausfällt.
Mathias Binswanger ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Fachhochschule Nordwestschweiz in Olten und Privatdozent an der Universität St. Gallen. Er war zusätzlich Gastprofessor an der Technischen Universität Freiberg in Deutschland, an der Qingdao Technological University in China und an der Banking University in Saigon (Vietnam). Mathias Binswanger ist Autor von zahlreichen Büchern und Artikeln in Fachzeitschriften und in der Presse. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Makroökonomie, Finanzmarkttheorie, Umweltökonomie sowie in der Erforschung des Zusammenhangs zwischen Glück und Einkommen.
Buchinformation
Autor: Mathias Binswanger Titel: Der Wachstumszwang – Warum die Volkswirtschaft immer weiterwachsen muss, selbst wenn wir genug haben Verlag: Wiley-Verlag, Weinheim Erscheinungsjahr: 2019 ISBN: 978-3527509751