Adieu Weihnachtsstress

Alle Jahre wieder ist es im Dezember so weit. Zum Ausklang des Jahres kommt zunächst die Adventszeit, gefolgt vom Großereignis Weihnachten. Besinnlichkeit, Barmherzigkeit, Solidarität, Nächstenliebe und soziales Miteinander – die Advents- und Weihnachtszeit bringen auch durch die Brille der Suffizienz betrachtet viel Gutes mit sich. Zugleich ist es jedoch auch immer eine der umsatzstärksten Zeiten des Jahres im Handel und viele Menschen wirken gestresster denn je. Es ist diese unnötige Diskrepanz, die im Folgenden näher betrachtet wird. 

Tradition Weihnachten   

Weihnachten ist ein fest verankerter Feiertag in unserer Gesellschaft und geprägt von Traditionen und Ritualen. Festlich geschmückte Fenster und Weihnachtsbäume, Lichterketten und Kerzen erhellen die Straßen und Wohnungen. Überall gibt es leckere Naschereien. Die Krippe mit den Figuren der Weihnachtsgeschichte wird aufgestellt und die Deko am Weihnachtsbaum verschönert den Raum. Die Pflege althergebrachter Traditionen sorgt für Vertrautheit und Gemütlichkeit. Doch das wirklich Besondere an der Weihnachtszeit ist das Soziale und die Gemeinschaft – die Zeit, die sich Familie und Freunde füreinander nehmen. Es vermag eine entschleunigende Zeit zu sein, mit gutem Essen, Weihnachtsfilmen, Gesellschaftsspielen und besinnlicher Musik.

Konsumstress und Ressourcenverschwendung

Doch allzu oft sieht es anders aus. Schuld daran ist nicht zuletzt der Shoppingstress. Dieser ließe sich natürlich am einfachsten vermeiden, wenn man auf Präsente gänzlich verzichten würde. Das wäre nebenbei auch sehr ressourcenschonend. Doch Geschenke an Weihnachten haben eine lange, gesellschaftlich fest verankerte Tradition, die aus dem christlichen Glauben resultiert und Wertschätzung und Nächstenliebe ausdrücken soll.

Insofern ist die weniger radikale Frage nicht ob, sondern wie bzw. was geschenkt wird. Dass dabei leider sehr häufig blinder Aktionismus gegenüber wohlbedachten Einkäufen den Vorzug erhält, zeigen die hohen Retourenquoten nach den Feiertagen. Das ist gleich in mehrfacher Weise kontraproduktiv: Den Schenkenden kostet es Zeit, Geld und Nerven, das Geschenk zu erwerben. Der Beschenkte freut sich nicht, ist möglicherweise sogar wegen des unpersönlichen Geschenks enttäuscht und hat am Ende seinerseits Stress beim Umtausch bzw. der Rückgabe. Oder noch schlimmer: Das Mitbringsel landet direkt im Müll. Und im Schatten leidet still die Umwelt aufgrund der immensen Ressourcen-verschwendung. 

Bewusst schenken

Was lässt sich nun tun, um dieses Dilemma zu lösen? Eine wertvolle Orientierung bietet an dieser Stelle die Suffizienzpyramide.

Auch an Weihnachten gilt mithin das Credo, möglichst wenig Neues zu kaufen. Falls es dennoch etwas Gekauftes sein soll, lohnt es sich vorher, das Geschenk abzustimmen. Das ist zwar weniger romantisch, da der Überraschungseffekt verschwindet, doch zugleich kommt es auch nicht zu „Fehlschenkungen“. Natürlich gilt auch in diesem Fall, dass viele Produkte ein zweites Leben verdienen und Second-Hand bzw. über Tauschplattformen erworben werden können. Bei Neukäufen sollte am Fest der Liebe noch mehr als sonst auf die sozialen und ökologischen Herstellungsbedingungen geachtet werden. Ein großer Bogen sollte auch um kurzlebigen Ramsch gemacht werden. Entsprechende Produkte sind häufig nicht reparierbar und haben nur eine kurze Lebensdauer, ehe sie im Müll landen. 

Noch besser ist es, Geschenke persönlich zu gestalten und dazu möglichst vorhandene Materialien zu verwenden. Das Internet wimmelt dabei nur so von Inspirationen und Bauanleitungen. Egal, ob es Backen, Heimwerken, Basteln oder Nähen ist – für jede Fähigkeit ist etwas dabei. Und ja: Es kann passieren, dass das Ergebnis am Ende nicht perfekt aussieht. Doch das ist ein geringer Preis dafür, dass es mit persönlichem Arbeitseinsatz für eine geliebte Person erstellt wurde. Mehr Wertschätzung geht nicht. Die Kirsche auf der Torte ist dann noch das nachhaltige Geschenkpapier.

Übrigens: Generell gilt, dass Zeit für viele Menschen in unserer hektischen Zeit das kostbarste Geschenk ist. Zudem können gemeinsame Aktivitäten häufig ressourcensparsamer gestaltet werden als herkömmliche Güter. Gemeinsame Ausflüge, Konzertbesuche oder ein raffiniertes Abendessen bescheren allen Beteiligten bleibende Erinnerungen und verstauben nicht im Regal. 

Weniger ist mehr

Zum Abschluss soll noch einmal der radikale Gedanke des Traditionsbruchs aufgegriffen werden. Mehr Menschen als man gemeinhin erwartet, teilen das Gefühl einer falschen Erwartungshaltung an Weihnachten und können dem Geschenkewahn wenig abgewinnen. Insofern lohnt es sich immer, bei einem gemeinsamen Abendessen den Vorschlag zu unterbreiten, zumindest einmal ein Weihnachten ohne Geschenke zu erproben. Als Zwischenschritt bzw. Kompromiss bietet sich auch Wichteln an. Hier schenken sich nicht alle gegenseitig etwas, sondern jede*r beschenkt nur eine andere Person. 

Der günstige Black Friday – mehr Schein als Sein?

Der Black Friday lockt auch dieses Jahr wieder mit vielen Angeboten und Schnäppchen. Der Konsumtag Ende November ist nun endgültig in Deutschland angekommen. Denn ursprünglich kommt der Black Friday aus den USA und findet immer am Freitag nach Thanksgiving statt. Woher die Bezeichnung „Black Friday“ kommt, ist jedoch nicht ganz geklärt. Eine Theorie ist, dass an diesem Tag durch den erhöhten Umsatz wieder schwarze Zahlen geschrieben werden und eine andere Theorie besagt, dass die Menschenmassen, die in die Geschäfte und Einkaufszentren strömen, aussehen wie eine große schwarze Masse. Hier in Deutschland ist der Black Friday ein relativ neues Phänomen, hat sich aber in den letzten Jahren großer Beliebtheit erfreut.

Im letzten Jahr haben die Ausgaben an den Aktionstagen Black Friday und Cyber Monday verglichen mit 2016 um fast vier Milliarden Euro zugenommen.

Doch wie viel kann man am Black Friday wirklich sparen? Und noch viel wichtiger: Wie stelle ich sicher, dass ich nur das kaufe, was ich auch wirklich benötige?

Gar nicht so günstig

Es gibt viele Annahmen und Behauptungen rund um den Black Friday und Konsum. An diesem Tag sollen die Rabatte und Angebote unschlagbar sein. Deshalb wird der Black Friday von vielen Menschen genutzt, um die ersten Weihnachtseinkäufe zu tätigen und die neuesten elektronischen Geräte oder Klamotten zu kaufen. Oft wird am Black Friday aber mit verschiedenen Marketingstrategien lediglich vorgegaukelt, dass es sich um einen unschlagbaren Preis handle, während das in der Realität gar nicht der Fall ist. 

Rabatte werden oft basierend auf der unverbindlichen Preisempfehlung (UVP) des Herstellers angegeben. Tatsächlich verlangen Händler selten diesen Preis. Stiftung Warentest hat 50 Elektroprodukte in 2019 über das ganze Jahr beobachtet und ermittelt, dass an Black Friday im Gegensatz zu allen anderen Tagen nur vier von 50 Produkten tatsächlich günstiger in den Verkauf gegangen sind.

Eines dieser Elektroprodukte waren Kopfhörer, die vom Händler mit einer UVP von ca. 400 Euro versehen worden sind. Tatsächlich werden sie jedoch im normalen Verkauf das ganze Jahr über für ca. 100 Euro weniger angeboten. Das heißt, ein Black Friday Rabatt von 25 Prozent wäre demnach gar kein Rabatt, verglichen mit dem alljährlichen Angebot.

Unterbewusste Kaufentscheidunge

Um den Kund*innen ein gutes Gefühl bei der Auswahl ihrer Produkte zu geben, nutzen Händler*innen oft einen einfachen Trick: Sie bieten drei Produkte des gleichen Typs in drei verschiedenen Preisklassen an. Das günstigere Produkt erscheint qualitativ zu niedrig und das teure Produkt ist den meisten Kund*innen zu teuer. Konsument*innen neigen dazu, den mittleren Preis zu wählen, da sie sich dadurch das beste Preis-Leistungs-Verhältnis erhoffen. Das ist vornehmlich auch das Produkt, was die Händler*innen verkaufen wollen.

Geschäfte und Unternehmen machen sich auch noch andere psychologische Tricks zunutze: Der Kauf eines reduzierten Artikels führt zur Dopaminausschüttung in unserem Gehirn und regt zu weiteren Schnäppchenkäufen an. Signalfarben animieren zusätzlich zum Kauf.

Ein Experiment zeigte, dass allein eine Signalfarbe – ohne Rabatt – zu mehr Umsatz führen kann. Es wurde ein gelbes Schild, auf dem stand „Ladendiebstahl wird verfolgt“, neben die Kasse an eine Auslage mit Bier gehängt. Daraufhin wurde viermal mehr Bier als sonst verkauft. Hier wurde die Farbe Gelb anscheinend unterbewusst mit „Angebot“ verknüpft und das Bier hat mehr Abnehmer*innen gefunden. Der Botschaft auf dem Schild wurde anscheinend keine Beachtung mehr geschenkt. Das kann zum Beispiel unter Zeitdruck passieren. Und je weniger Zeit wir haben, desto schneller greifen diese unterbewussten Mechanismen und bestimmen unsere Kaufentscheidungen.

Die Auswirkung des Onlinehandels 

Vor allem im Onlinehandel wird durch zeitliche und scheinbare materielle Limitierung eine Konsumdringlichkeit erzeugt, die die Kundschaft zum Kauf anregen soll. Die künstliche Verknappung der Güter erzeugt eine sogenannte „Fear of missing out“ – kurz auch „FOMO“ genannt. Betroffene Menschen haben Angst, etwas zu verpassen, wenn sie nicht zugreifen.

Ein beliebtes Instrument von großen Onlinehändlern sind Balken, die den relativen Bestand eines Produktes anzeigen. Absolute Zahlen werden dabei aber nicht genannt, also kann man als Konsument*in keine Schlüsse darauf ziehen, ob dieser Restbestand drei, 300 oder 3000 Produkte beträgt und hat permanent das Gefühl, dass man zuschlagen müsse. Gleiches gilt bei einem zeitlich limitierten Angebot. Insbesondere, wenn die vermeintliche Angebotsdauer sehr kurz ist, neigen Konsument*innen verstärkt zu Impulskäufen. Aber auch im stationären Handel sind „Limited Editions“ oder „Letzte Chance“-Angebote schon lange üblich. 

Besonders ärgerlich wird es auf persönlicher Ebene für Kund*innen, wenn obendrein Betrug im Spiel ist. Denn durch die Anonymität des Onlinehandels haben sich über die Jahre auch viele Fake-Shops etabliert. Sie verkaufen gefälschte oder gar nicht existierende Produkte und man wartet vergeblich auf sein Paket oder erhält zumindest nicht das, was man sich erhofft hat.

Darf ich am Black Friday kaufen?

Natürlich. Es liegt in der Natur der Sache, dass wir in Zeiten hochkomplexer Arbeitsteilung viele Güter für unser Wohlbefinden käuflich erwerben (müssen). Zwar mögen einige im Sommer Obst und Gemüse im Garten anbauen und im Winter Kresse auf der Fensterbank aussähen, doch die Wenigsten verfolgen mit gutem Grund ernsthaft den Anspruch einer autarken Subsistenzwirtschaft. 

Es geht daher nicht um die Frage, ob ich etwas am Black Friday kaufe, sondern vielmehr was und warum. In dieser Hinsicht unterscheidet sich der Black Friday übrigens gar nicht von allen anderen Tagen im Jahr. Wenn man z. B. sowieso ein Produkt benötigt und dieses am Black Friday günstiger bekommen kann, soll man diesen Kauf gerne tätigen. Jedoch gilt immer: Der nachhaltigste Kauf ist der, der gar nicht getätigt wurde.

Damit es dieses Jahr mit dem bewussten Konsum am Black Friday klappt, folgen abschließend nun noch fünf kleine Tipps:

  1. Eine vorgeschriebene Liste hilft, Spontankäufe zu vermeiden.
  2. Das benötigte Produkt kann vielleicht auch geliehen, gebraucht gekauft oder selbst gemacht werden. 
  3. Erkennen von Marketingstrategien hilft, nicht darauf hereinzufallen.
  4. Besondere Siegel und Zertifikate geben an, ob Produkte fair und nachhaltig produziert sind.
  5. Preisvergleiche mit dem mittleren Preis des Jahres decken auf, ob es sich um „wahre” Rabatte handelt.

Suffizientes Reisen

Reisen ist vielen Menschen eine Herzensangelegenheit und wichtiger Bestandteil der wiederkehrenden Jahresplanung. Mindestens einmal im Jahr, meistens deutlich häufiger, soll der Ausbruch aus dem Alltag für eine Erholung von Stress und Anstrengungen sorgen. Die globale Vernetzung in den letzten Jahrzehnten sowie sinkende Mobilitätskosten unterstützen diese „Hauptsache-weg-Mentalität“, sodass der Anteil an Auslandsreisen denjenigen von Inlandsreisen seit Jahren übersteigt. Damit einhergehend ist eine langfristige Zunahme von Flugreisen – einer im relativen Vergleich sehr ressourcenintensiven Fortbewegungsart. Gleichzeitig nimmt jedoch auch der Wunsch nach nachhaltigem Reisen zu. Nachfolgend wird dieses Bedürfnis aus einer Suffizienzperspektive erörtert.

Ein geschätztes Hobby

Reisen ist eine Form des Konsums, bei dem zur persönlichen Bedürfnisbefriedigung Ressourcen eingesetzt werden. Gleichzeitig schafft Urlaub aber auch Zufriedenheit. Er löst bei vielen Menschen Vorfreude und Glücksgefühle aus, kann Horizonte erweitern und Verständnis für andere Kulturen fördern. Reiseaktivitäten im Sinne des Umweltschutzes pauschal zu verteufeln, mag zwar dem einen oder der anderen in den Sinn kommen, schießt jedoch vermutlich über das Ziel hinaus und wirkt zudem realitätsfremd. Stattdessen bietet Suffizienz einen anderen Ansatz: Man sollte sich bewusster und reflektierter als bislang mit seinen Reisegewohnheiten auseinandersetzen. Doch was heißt das konkret?

Es muss nicht immer das andere Ende der Welt sein

Eine suffiziente Reiseplanung setzt zunächst eine bewusste und sachlich begründete Entscheidung für eine Reise anstelle einer spontanen Schnellschusshandlung voraus. Was erwarte ich mir vom Urlaub? Lassen sich diese Erwartungen nur an diesem Reiseziel erreichen oder auch woanders? Muss es die Fernreise sein oder erfahre ich möglicherweise die gleiche Bedürfnisbefriedigung auch im Rahmen eines regionalen Urlaubs? Diese Überlegungen stellen den ersten Schritt dar. Dabei ist es wichtig, sich ehrlich, umfassend und unverzerrt mit den (ökologischen) Implikationen einer Reise auseinanderzusetzen und Selbstbetrug zu vermeiden.

Neben den ökologischen Vorteilen einer Reduzierung von Flugstrecken und -reisen, so wie es ein Bericht des UBA über Suffizienzmaßnahmen vorschlägt, gibt es einige weitere Vorteile, die meist außer Acht gelassen werden. Ein Beispiel ist, dass die reine Flugzeit bei einer solchen Reise um die An- und Abreise zum Flughafen, die Dauer für Check-ins, die Gepäckaufgabe und -abholung u. v. m. verlängert wird. Besonders bei kürzeren Flugreisen bedeutet das einen erheblichen Zeitaufwand, der bei Urlauben in der Heimat wegfällt. Hinzu kommt, dass Studien bei Flugzeugreisen ein erhebliches Stresspotenzial feststellen, sodass die Reisestrapazen die vermeintliche Erholung zumindest teilweise mindern. Zu beachten ist jedoch auch, dass grüne Alternativen wie Fernzüge ebenfalls erhebliche ökologische Auswirkungen haben können – nicht zuletzt aufgrund des deutschen bzw. europäischen Strommixes und des Ressourcen- und Flächenbedarfs für die Bereitstellung von regenerativer Energie. Vor diesem Hintergrund gestalten sich aus einer Suffizienzperspektive heraus betrachtet insb. Kurztrips an weit entfernte Orte schwierig. Dort sind der relative Negativanteil der Reisezeit und der notwendige Ressourceneinsatz im Vergleich zum nutzenstiftenden Aufenthalt vor Ort besonders hoch. Folglich gilt der Spruch „Warum in die Ferne reisen, wenn das Gute so nahe liegt?“ mehr denn je.

Ans andere Ende der Welt, aber suffizient. Geht das?

Natürlich versprechen Fernreisen im Sinne einer kosmopolitischen Weltoffenheit auch einzigartige Erfahrungen und Eindrücke, sie sollten jedoch als etwas Besonderes begriffen werden und wohlbedacht sowie maßvoll gestaltet sein. Wenn die Entscheidung bewusst im Sinne einer Fernreise getroffen wird, bieten sich auch hier noch etliche Möglichkeiten, um den Ressourceneinsatz zu verringern. Ein Beispiel dafür wäre es, den stressigen innerdeutschen Anschlussflug durch eine vorherige Zugfahrt mit begleitender Stadtbesichtigung zu ersetzen. Hierbei soll eine langsamere und aufmerksame Lebensweise die Lebens- und Umweltqualität zugleich verbessern. Entschleunigung lautet dabei grundsätzlich die Devise. Sie ist eine Komponente der berühmten 4 E’s von Wolfgang Sachs.

Zu bedenken sind dabei auch mögliche Reboundeffekte: Die Annahme, kürzere Reisen seien per se umweltschonender, kann trügerisch sein, falls sie in Summe einen gleichwertigen oder höheren Ressourcenverbrauch als eine Einmalreise verursachen. Daher sollte die Wahl zwischen einer längeren Reise mit mehreren Zwischenstopps oder etlichen Kurztrips fallweise und sehr bewusst erfolgen.

Grundsätzlich gilt jedoch: Insb. bei Kurzurlauben ist regionales Reisen ressourcensparender. Das muss jedoch nicht zur Verzweiflung führen: Auch in unmittelbarer Umgebung lassen sich erholsame Tage verbringen und aufregende Erfahrungen machen  – vor allem, wenn abwechslungsreiche Aktivitäten wie Fahrradfahren, Wandern, Klettern oder Wassersport Berücksichtigung finden.

Zu Hause ist es doch ganz schön oder besser gesagt: „Ach wie schön ist Panama.“

Spätestens als 2006 der Entertainer Hape Kerkeling den Jakobsweg lief und seine Erfahrungen in einem Bestseller zusammenfasste, sind auch in der breiten Öffentlichkeit Wandertouren oder vergleichbare Aktivitäten als Alternative zum stationären Hotelurlaub präsent geworden. Egal, ob die Tour mit dem Fahrrad, zu Fuß oder im Kayak zurückgelegt wird, ob sie wenige Tage dauert oder mehrere Wochen – stets geht es darum, in sich hineinzuhören und seine Umgebung bewusster wahrzunehmen.

Deutschland und die angrenzenden Nachbarländer bieten dazu eine Vielzahl an Möglichkeiten. Ein umfangreiches Fernradwegenetz durchzieht das Land. Wasserlandschaften wie die Mecklenburgische Seenplatte, Flüsse wie Saale, Elbe oder Mosel bieten im Sommer Badespaß, Erholung und Bewegung zugleich. Und auf unzähligen Wanderwegen warten bei zünftigen Brotzeiten wunderschöne Panoramaausblicke – egal, ob es auf dem Eifelsteig von Aachen nach Trier geht, die Sächsische Schweiz oder der Schwarzwald erkundet werden.

Ein komplexes Thema, das vor allem eines bedarf: bewusste Reflexion

Abschließend lässt sich sagen, dass es in diesem Beitrag nicht darum geht, pauschal etablierte Reisemuster zu verurteilen oder einen weiteren Text über Sinn oder Unsinn von „Flugscham“ beizutragen. Denn Fernreisen – und spätestens bei Interkontinentalstrecken im Normalfall folglich auch Flugreisen – zeichnen sich durch einzigartige Merkmale aus. Sie können Menschen besondere Gefühle und Emotionen ermöglichen, die jede*r im Lichte des eigenen emotionalen Wahrnehmungshorizonts bewerten muss. Herausgearbeitet werden sollte jedoch, dass dies keine Selbstverständlichkeit ist, sondern ein enormes Luxusgut, das folglich nur sehr maßvoll konsumiert werden sollte. Parallel lädt der Beitrag dazu ein, sich zukünftig kreativer und bewusster mit der eigenen Reiseplanung zu befassen, eigene Reiseroutinen zu hinterfragen und Mut für Neues zu finden. 

In diesem Sinne: viel Spaß und eine gute Reise.

Studie zu Reboundeffekten im Verkehr

Nachhaltiges und umweltbewusstes Verhalten steht hoch im Kurs. Energie und Ressourcen zu sparen, ist dabei vielen Menschen ein wichtiges Anliegen. Sie ersetzen alte Elektrogeräte, verzichten auf eine Flugreise oder kaufen einen verbrauchsärmeren Pkw. Doch nicht immer nutzt das am Ende der Umwelt und erzeugt unter dem Strich einen ökologischen Nettogewinn. Wieso ist das so?

Der Rebound-Effekt: Mehr als nur ein Tennisbegriff

Der Grund dafür liegt in möglichen Rebound-Effekten. Diese treten auf, wenn die zunächst durch Maßnahmen eingesparten Ressourcen an anderer Stelle eingesetzt werden. Ersetzt bspw. die fiktive Person Paula ihr altes Auto durch einen neuen Wagen mit sehr viel weniger Kraftstoffverbrauch spart sie infolgedessen zukünftig viel Geld an der Zapfsäule und schont zugleich die Umwelt. Wenn sie nun dieses Geld jedoch dazu verwendet, um nach einer stressigen Arbeitswoche einen Kurztrip nach Amsterdam zu machen, den sie andernfalls nicht unternommen hätte, werden die erzielten Ressourceneinsparungen umgehend wieder aufgebraucht oder noch schlimmer: Am Ende wird sogar mehr verbraucht als vorher. Ein Phänomen, das in der Fachliteratur backfire genannt wird.

Lange Zeit wurden Rebound-Effekte in der Ökonomie vor allem theoretisch untersucht. Doch im Zuge der anhaltenden Nachhaltigkeitsdiskussion ist deutlich geworden, dass Rebound-Effekte real sind. Nicht immer werden sie so drastisch sein, wie in dem skizzierten Beispiel, doch das macht es nicht minder problematisch. Bspw. schalten Konsument*innen in dem Bewusstsein des hohen Stromverbrauchs ein altes Gerät konsequent aus, nutzen jedoch beim neuen stromsparenden Gerät dauerhaft den Standby-Modus oder lassen es gleich gänzlich in Betrieb.

In welcher Weise Rebound-Effekte im Bereich der Mobilität auftreten und Verhaltensveränderungen bzw. geänderte Konsummuster etwaige effizienzbasierte Einsparungseffekte (über-)kompensieren, wurde nun in einer Kurzstudie mit dem Titel „Rebound-Effekte in der Mobilität” untersucht.

Die Arbeit geht dazu zunächst theoretisch auf den Begriff „Reboundeffekt” ein. Dazu wird zwischen direkten, indirekten und makroökonomischen Ausprägungen unterschieden, die sich auf aggregierter Ebene ergeben. Sodann werden die drei allgemeinen Nachhaltigkeitsstrategien Effizienz, Konsistenz und Suffizienz auf den Verkehrssektor angewendet und mit den drei großen Stellschrauben für nachhaltigere Verkehrsstrukturen Vermeidung, Anpassung und Verbesserung verflochten. 

Praxisbezogene Ausführungen

Anhand von Falldarstellungen werden schließlich mobilitätsbezogene Reboundeffekte identifiziert und Strategien bzw. Maßnahmen abgeleitet, wie diese vermieden werden können. Dazu wird ein umfangreiches Set an politischen Steuerungsmaßnahmen in die Analyse einbezogen und vergleichend betrachtet. Es wird dabei deutlich, dass die Gefahr direkter oder indirekter Rebounds der berücksichtigten ökonomischen, regulatorischen und persuasiven Instrumente unterschiedlich stark ist und fallweise zu betrachten ist.

Besonders lesenswert ist die Studie durch ihre Aktualität – beispielsweise die Auseinandersetzung mit den ökologischen Folgen von Homeoffice oder der Nutzung von E-Autos. Zudem rückt im Gegensatz zu vielen anderen Veröffentlichungen die Nachhaltigkeitsstrategie „Suffizienz” stärker in den Fokus.

Die Kurzstudie steht hier kostenlos zum Download zur Verfügung.

Psychologische Barrieren auf dem Weg zu mehr persönlicher Suffizienz

Auto oder Fahrrad? Neu oder Second Hand? Vielen Menschen fällt es schwer, sich bei solchen alltäglichen Entscheidungen für die nachhaltigere Option zu entscheiden, obwohl die Voraussetzungen dafür gegeben wären und sie über die Folgen ihres Handelns Bescheid wissen.

Die psychologische Forschung zeigt, dass es sogenannte psychologische Verhaltensbarrieren gibt, die nachhaltiges Verhalten im Alltag erschweren oder ganz verhindern können – auch bei Menschen mit ausgeprägtem Umweltbewusstsein. Welche das sind und warum es sich lohnen kann, darüber Bescheid zu wissen, erklären wir in diesem Beitrag.

Suffizienz im Alltag

Wenn wir uns die vier E’s der Suffizienz – Entschleunigung, Entflechtung, Entrümpelung und Entkommerzialisierung – nach Wolfgang Sachs anschauen, fallen uns in der Regel schnell einige Dinge ein, die wir uns öfter vornehmen und dann doch wieder vor uns herschieben.

Da wären zum Beispiel der Kleiderschrank, den man aussortieren müsste, das Gemüsebeet im Garten, für das man sich wieder mehr Zeit nehmen wollte, und vieles mehr. Zum Thema Entrümpeln im Frühling gibt es hier einen ganzen Blogbeitrag.

Gute Vorsätze allein reichen nicht aus

Aber zurück zu den psychologischen Verhaltensbarrieren. Die Umweltpsychologin Dr. Josephine Tröger erklärt in diesem #kaufnix-Beitrag, dass es verschiedene Arten von Faktoren gibt, die unser Verhalten beeinflussen. Zum einen sind es persönliche Einstellungen, Werte und Erwartungen, zum anderen äußere Bedingungen, wie zum Beispiel der Zugang zu bestimmten Produkten und Dienstleistungen.

Aber woran genau scheitert es, wenn die Voraussetzungen für ressourcenschonendes Handeln eigentlich gegeben sind und wir uns trotzdem nicht dafür entscheiden? Einige von vielen Antworten auf diese Frage, die Wissenschaftler*innen schon seit Jahren erforschen, stellen wir nun vor.

Confirmation Bias – Wir hören, was wir hören wollen

Der Confirmation Bias (deutsch: Bestätigungstendenz) ist ein bekanntes und vielfach erforschtes Phänomen, das eine kognitive Verzerrung in die Richtung unserer persönlichen Erwartungen beschreibt. Anders formuliert: Wir suchen und beachten im Alltag vor allem solche Informationen, die unsere Erwartungen bestätigen.

Wer also zum Beispiel in einem Umfeld aufgewachsen ist, in dem Autos eine wichtige Rolle spielen, wird im Alltag wahrscheinlich eher soziale Kontakte suchen und Medien konsumieren, in denen Autos positiv dargestellt werden. Informationen zu anderen Verkehrsmitteln, die vielleicht sogar finanzielle und zeitliche Vorteile mit sich bringen würden, werden durch die verzerrte Wahrnehmung eher weniger oder gar nicht beachtet. Dadurch kommt es eher selten zu Verhaltensänderungen im Sinne von Suffizienz und Nachhaltigkeit.

Sunk cost fallacy – Loslassen ist nicht leicht

Den Sunk-Cost-Fallacy-Effekt kennen bestimmt viele aus dem Alltag. Er beschreibt die Tendenz zum Festhalten an einer vergangenen Entscheidung und das Pflichtgefühl, weiterhin an dieser Entscheidung festhalten zu müssen, obwohl sie keinen Nutzen hat oder sogar Schaden anrichtet.

Ein gutes Beispiel hierfür ist der Besitz eines Autos. Die Sunk costs (deutsch: versunkene Kosten) sind in diesem Fall etwa der Kaufpreis und sämtliche Reparatur- und Wartungskosten. Nach einigen Jahren kommt es vielen so vor, als dürften sie gar nicht darüber nachdenken, das Auto zu verkaufen oder wegzugeben, weil sie durch die hohen Investitionen dazu verpflichtet wären, das Auto nun auch lange zu nutzen. Dieser Effekt führt dazu, dass manche Menschen ein Auto besitzen, obwohl sie es kaum nutzen.

Der Rebound-Effekt

Den Begriff Rebound-Effekt (deutsch: Rückschlag-Effekt) kennen viele wahrscheinlich aus dem ökonomischen Kontext. Er beschreibt das Phänomen, dass Einsparungen an einer Stelle durch Ausgaben oder steigenden Verbrauch an anderen Stellen ausgeglichen oder sogar überkompensiert werden. Über die verschiedenen Arten von Rebound-Effekten gibt es hier einen ganzen Blogbeitrag.

In der Umweltpsychologie spricht man zum Beispiel dann vom Rebound-Effekt, wenn man effizientere Glühbirnen kauft und sie dafür dann länger brennen lässt oder ein sehr verschwenderisches Verhalten mit einem anderen ressourcenschonenden Verhalten rechtfertigt. Letzteres wird auch Moral Licensing genannt und liegt zum Beispiel dann vor, wenn eine Person ihr schlechtes Gefühl wegen regelmäßiger Flugreisen mit nachhaltigem Lebensmittelkonsum ausgleicht, obwohl das Verhältnis zwischen ausgestoßenen Emissionen in dem einen und eingesparten Emissionen im anderen Bereich völlig ungleich ist.

Wie wir die psychologischen Barrieren überwinden können

Es gibt in diesem Kontext noch viel mehr psychologische Phänomene, aber nachdem wir nun einige davon kennengelernt haben, lassen sich daraus schon einige nützliche Erkenntnisse für den Alltag ableiten.

Unsere Psyche wird von vielen Faktoren beeinflusst, von denen wir oft gar nicht direkt etwas mitbekommen. Es kann hilfreich sein, wenn man sich im Alltag manchmal vor Augen führt, dass alle Menschen von kognitiven Verzerrungen und Fehlschlüssen betroffen sind. Mit diesem Gedanken kann man vielleicht einerseits nachsichtiger mit sich und anderen Menschen werden. Andererseits kann man sich damit auch motivieren, die eigenen Denkmuster kritisch zu hinterfragen und nicht immer dem ersten, vermeintlich logischen Gedanken zu folgen.

Die psychologische Forschung untersucht neben den Hintergründen menschlichen Verhaltens auch verschiedene Strategien, mit denen wir psychologische Barrieren überwinden und uns damit den Alltag erleichtern können.

Eine dieser Strategien sind sogenannte Wenn-Dann-Pläne. Dabei handelt es sich um Vorsätze für bestimmte Verhaltensweisen in konkreten Situationen. Solche Vorsätze sollen das Einhalten persönlicher Ziele erleichtern und dem Aufbau neuer Gewohnheiten dienen.

Angenommen, eine Person hätte das persönliche Ziel nachhaltiger zu leben und möchte deshalb so oft wie möglich Second Hand statt neuer Kleidung kaufen. Aus Bequemlichkeit und alten Gewohnheiten kauft sie trotzdem kaum Second Hand und fühlt sich nach einiger Zeit schlecht, weil sie gegen ihre eigenen Vorsätze verstößt. Mit einem Wenn-Dann-Plan könnte sie sich selbst dazu verpflichten, ihrem Ziel näher zu kommen. Dieser Plan könnte zum Beispiel so aussehen: „Wenn ich neue Kleidung brauche, dann suche ich immer zuerst nach Second Hand-Angeboten und greife nur dann zu neuer Kleidung, wenn es keine andere Möglichkeit gibt.“ Hier könnten auch noch bestimmte Geschäfte oder Plattformen ergänzt werden. Je konkreter die Beschreibung, desto besser. Diesen konkreten Vorsatz kann die Person sich nun aufschreiben und in Erinnerung rufen, sobald die „Wenn“-Situation eintritt.

Weniger Selbstkritik, mehr Nachsicht

Die psychologische Forschung zeigt, dass es viele Faktoren gibt, die unser Verhalten beeinflussen, ohne dass wir direkt etwas davon mitbekommen. Diese Erkenntnis kann in so manch hitziger Debatte darüber, wie viel Fleischkonsum noch okay ist oder wer im Sommer wo Urlaub macht, vielleicht für mehr Sachlichkeit sorgen. Im besten Fall bringt sie uns aber dazu, unsere eigenen Gedanken und Gewohnheiten zu hinterfragen und uns im nächsten Schritt aktiv für eine nachhaltigere Gesellschaft einzusetzen.